Dienstag, 5. Februar 2013

Transalp 2011 - 7. Tag

7. Radtag - Der „Finaltag“
Condino  – Riva del Garda ( 60,5 km, 1908 hm, 26° Ø, reine Fahrzeit 08:01 h)

Pünklich um 07:00 Uhr gingen wir frühstücken. Als einzige zu so früher Stunde bekamen wir die ganze Aufmerksamkeit des „Kellners“. Er rannte ständig zwischen Küche und unserem Tisch hin und her um uns mit ausreichend „Cappu“ zu versorgen.


Finale – wir rüsteten uns für das letzte Highlight der Tour, den Tremalzo auf 1863 m! Erst ging es jedoch noch ein paar hm hinunter bis Storo auf 394 m. Wir konnten uns gut einrollern und nahmen den Abzweig  Richtung Passo di Ampole. Da wir recht früh loskamen konnten wir die morgendliche Kühle und den frühen Schatten noch bestens ausnutzen.

Seit zwei Tagen hatte Ralf nun mit seinen quietschenden Bremse zu kämpfen. Tapfer tapfer…Nicht nur das einem das gejaule selbst auf den Geist geht (ich spreche da aus Erfahrung), nein man möchte natürlich auch allen anderen Mitstreitern und vorbei fahrenden Radlern nicht den letzten Nerv rauben. Wie gesagt: „Tapfer, tapfer“  Jeder fuhr sein Tempo, aber da unsere Leistungen nicht wirklich weit auseinander lagen sind wir im Grunde, wie and den anderen Tagen auch, gut zusammen geblieben. 

Wir bogen von der viel befahrenen Hauptstraße ab in Richtung Tremalzo. Ab hier war der Verkehr wesentlich geringer. Ab und an überholte uns ein Bike-Shuttles das die Radfahrer die entweder zu faul waren selbst zu arbeiten oder diejenigen die mit reinen Downhill Rädern unterwegs waren, an die Trails kutschte. An einer Kehre, die wir zur kurzen Rast nutzen, radelten zwei Italiener und eine Italienerin auf ihren Rennrädern an uns vorbei. Nicht besonders schnell aber stetig.
Auffällig in Badeanzug bzw. Badehose gekleidet und durch wildes gebrabbel begleitet machten diese wohl einen Tagestrip auf den „Hügel“. Nachdem wir uns erholt hatten konnte ich die drei zügig einholen. Ich wurde freundlich begrüßt und mir flogen ein paar italienische Sätze um die Ohren. Sorry, but I can’t speek Italy and I can’t understand you! Jo, das haben die dann anscheinend auch nicht verstanden und sabbelten in einer Tour auf mich ein. Aber freundlich waren sie und mächtig gut gelaunt. Da wir nach ein paar Kehren wieder einmal Pause machten konnten uns das Trio dann auch wieder überholen. Darauf hin setzte ich wieder zum überholen an und die ganze Prozedur wiederholte sich. Im Ganzen, glaube ich, habe ich sie viermal überholt – nett war’s, aber verstanden habe ich nicht das Geringste.
Der Ausblick in die Natur wurde immer genialer, wir kamen an einem Hof mit Brunnen vorbei an dem es anscheinend des öfteren Ferrari Treffen gibt. Und wie bestellt kamen so sechs bis acht gleiche Sportwagen in Kolonne vorbei gerauscht. Welches Fabrikat das nun war kann ich nicht mehr sagen, der einzige Unterschied war die Farbe, ansonsten war alles gleich.

Es ging weiter bergauf. Ralf fuhr irgendwann quietschend, und in einem Abstand von ca. 5 Metern an mir vorbei. Er war aufgrund des Gejaules seiner Bremse wohl so in Trance das er mich im Schatten stehend nicht bemerkte. Erst als ich ihm ein „Du sprichst wohl auch nicht mehr mit jedem?“ hinterher gröhlte zuckte er kurz, entschuldigte sich und zog weiter die Straße hinauf. Mit den restlichen dreien machte ich mich dann auch auf die letzte Straßenetappe. Nach ein paar Minuten hörte ich einen Radler näherkommen. Als er neben mir war fing er unvermittelt ein Gespräch an: „Hallo…..Na? Auch nach Riva? Transalp, wie? Ahh ja, mit Gepäck. Von wo seid ihr denn gestartet? Und wo kommt Ihr her? Ahhh ja, Tremalzo runter ist schön. Sollte man unbedingt einmal gemacht haben! Na denn, viel Spaß noch, Ciao“
Meine Antworten fielen, jeweils unterbrochen von tiefen Hecheln, da etwas knapper aus: „Moin, Jo, Jo, Jo, Oberstdorf, Hamburg, Jo, Jo, Gleichfalls, Tschüß “ Er gab Gummi und war nach ein paar Minuten nicht mehr zu sehen. Nicht das ich nicht auch noch´n Zahn hätte zulegen können, aber in der Ruhe liegt die Kraft, net woa? 

Oben, am Ende des Asphaltweges, nicht weit entfernt von dem Restaurante wartete Ralf schon mit dem Fotoapparat im Anschlag. Er knipste unsere Ankunft und filmte den genialen Rundumblick – klasse Panorama, oder anders ausgedrückt – uuuuuuuunglaublich.
Wir kredenzten uns jeder eine Portion Schbagättieh Bolo und ne Cola und genossen die Pause.
Am Zaun waren zwei 29er angelehnt. Habe ich hier zum ersten Mal live gesehen. Die sehen zwar etwas ungewohnt aus, aber ich kann mir vorstellen, dass mir so ein Teil bei meiner Größe von ca. 190 cm auch gut zu Gesicht stehen würde.
Die letzten Höhenmeter ging es auf fiesem Schotter in Richtung Tunnel. Es war noch einmal ein Kraftakt, aber machbar. 


Vor dem Tunnel musste noch unbedingt ein T4 er Cache geloggt werden. Ein anderer Radler stand konstatiert vor seinem Rad. Seine Frau schaute ähnlich ratlos auf seinen tief sitzenden Sattel. Wie sich herausstellte war ihm die Sattelklemme gebrochen. Ihm stand eine Weiterfahrt im stehen oder mit den Knien an den Ohren bevor – glücklich war der nicht! Ich wühlte in meiner Satteltasche und kramte neben etlichen anderen Geraffel eine passende Sattelklemme heraus. So schnell kann man einen anderen Biker glücklich machen. Eine Sattelklemme gehört sicher nicht unbedingt in das Standard Reparatur Repertoire eines Alpencrossers, aber irgendwie hatte ich da wohl eine innere Eingebung.
Ein Foto von allen vor dem Tunnel und weiter. 


Als ich aus dem Dunkel kam wurde die Welt auf einmal anders. Es waren etliche Schotterserpentinen zu sehen - Ein toller Blick.


Die Schotterpiste war zum Teil nicht einfach zu fahren, man rutschte ständig auf irgendwelchen Brocken nach links und rechts, umso erstaunlicher, dass uns auf dem Weg nach unten noch einige Biker entgegen kamen – Hut ab!
Ein Familienvater trieb seine Kinder zu mehr Tempo beim Downhill an, ein Wahnsinn bei den Kurven und dem Untergrund. Jeder sollte sein eigenes Tempo fahren und gerade auf dieser Strecke hätte ich meine Tochter eher vom fahren abgehalten als sie noch anzutreiben.



Wir hielten häufig an und knipsten Bilder, um ja keinen Ausblick je vergessen zu können. Und noch mal – Haaaaaamergeil diese Strecke. Nach etlichen, langen Momenten des Genießens kam kurzfristig die Ernüchterung, es ging noch mal bergauf. Wir waren aber gut drauf und schafften auch diese letzten Höhenmeter bevor wir an die Abzweigung zweier Trails kamen. Links oder Rechts? Auch mit einem Blick auf die Karte, das Navi und in die Gesichter meiner Mitstreiter ließ sich jedoch nicht sicher eine Entscheidung treffen welcher Trail nun der einfachere war. Zwei Downhiller mit ihren 20 Kilo Rädern unterhielten sich auch über die Strecke. „Mit deinem Fahrrad musst du rechts runter“ sagte der eine zu dem anderen. Sie haben dann kurz die Protektoren gecheckt und etwas Luft aus den Reifen gelassen bevor sie rechts im Wald verschwanden. OK! Wir mussten Links.
Schwierig war der Trail jedoch auch. Etliche Male stiegen wir ab und schoben und trugen die Räder. Uns überholten dann noch einige andere Fahrer mit ihren stabilen Bikes, beeindruckend was man auf dem Rad so alles machen kann. Und dann passierte es…keiner hatte damit gerechnet…die ganze Woche ging alles gut…und dann so kurz vorm Ziel…ohhh nein…. Es fing an zu regnen. Alle Blicke richteten sich erst gen Himmel und dann auf Helge. Er war der derjenige der uns ein paar Tage voraus, und entgegen alle Wettervorhersagen, die Möglichkeit eines Schauers am Gardasee vorhersagte. Wir hatten einen Schuldigen gefunden. Wir steinigten ihn und hingen ihn am nächsten Baum auf…zumindest in Gedanken. In der Realität benahmen wir uns natürlich wie zivilisierte Menschen und Hänselten und Gretelten ihn nur unentwegt. Das Unwetter bzw. der Regenschauer oder vielleicht besser die paar Tropfen (Sprüh-) Regen die es, ohne vorher zu verdunsten, auf die Erde geschafft hatten hörten jedoch bald auf.


Wir kamen an eine Statue. Von dort aus konnte man schon die Ponale-Straße erkennen. Boahhhhhhhhhhhhhh, ist die cool. Da dürfen wir gleich runter!!!


Vor dem neuen Tunnel der Hauptstraße ging es rechts ab und…….huiiiiiiiiiii. Immer den Gardasee im Blick kurvten wir hinunter. Riva kündigte sich an der einen oder anderen Ecke schon an. Es ging durch mehrere Tunnel. Es war toll. Ich verstand nun auch die Biker die sich von Riva aus hochkutschen lassen um diese tolle Abfahrt immer und immer wieder zu genießen. Und Zack…..da waren wir. Das Ortsschild von Riva wurde passiert. Haaaaaaaaaaalt – Foto!!
Wir hatten es geschafft!!!



Die erste Eisdiele war unsere. Geschlaucht von der Tour ließen wir uns nieder und feierten die Ankunft mit einem Rieseneisbecher und einem, wie könnte es anders sein, Cappu.
Einmal quer durch den Ort geradelt kamen wir am späten Nachmittag im Hotel Diana (40 €) an. 

Die Besitzerin, eine ca. 80 jährige kleine Dame mit Turnschuhen empfing uns bereits am Eingang. „Die Räder in die Waschküche nach unten“. Nachdem wir diese untergebracht hatten, hatte Frau Ferrari (jo, deswegen wohl auch die Turnschuhe) uns an der Reception empfangen:
 „Sie wollen morgen sehr früh los? - Dann rechnen wir jetzt schon ab. - Den Pool können sie gleich genießen, aber erst einmal duschen! -  Jaja, Ordnung ist das halbe Leben, das habe ich von einer Deutschen gelernt! - Frau Ferrari ist noch bis halb sieben hier. - Ansonsten sehen wir uns morgen. - Ach ja! Essen können sie in der Pizzeria
Die Frau war klasse!
Thomas erhielt von ihr noch ein Päckchen, was er sich selbst an diese Adresse geschickt hatte. Häh? Wat´n dat´n?
Auf dem Zimmer packte er das Päckchen aus – wie geil ist das denn! Für jeden hatte er ein Finisher – T-Shirt kreiert. Hammergeil. Thomas, das war klasse. Damit hatte keiner von uns gerechnet.


Helge entspannte sich auf dem Zimmer und Thomas, Ralf und ich nahmen uns den Sprung in den Pool vor. Frisch geduscht an Frau Ferrari vorbei schlendernd holten wir uns noch ein Lob ab – „So ist´s richtig!“
Wir waren fast alleine im Pool, nur ein ca. 10 jähriger Junge sprang, begleitet vom Applaus seiner Eltern, unentwegt vom Beckenrand auf die herumtreibende Luftmatratze.
Diese Erfrischung hatten wir uns redlich verdient und der Junge wurde in unserem Pool wohlwollend geduldet.
Ich schätze wir hätten dort noch mindestens eine Stunde verbracht, wenn uns nicht der zweite Regenschauer des Tages aus dem Pool getrieben hätte. Wir wollten doch nicht nass werden!
Beim dritten Schauer des Tages, Helge wurde zwischenzeitlich wieder einmal mit fiesen Blicken traktiert, waren wir bereits auf dem Weg zur Pizzeria. Alle mit dem Finisher- Shirt bekleidet wurden wir dort zackig platziert und hatten ebenso schnell unsere Getränke und das Essen. Es war erstaunlich wie schnell frei gewordene Plätze mit neuen Gästen belegt wurden. Die reine Massenabfertigung. Geschmeckt hat es trotzdem!
Wir brachen zügig, wie es sich in dieser Pizzeria gehört, wieder auf um noch einen Blick auf´s Wasser zu werfen. Bei mir machte sich ein wenig Stolz breit aber irgendwie konnte ich auch noch nicht glauben dass wir nun „fertig“ mit der lang geplanten und herbei ersehnten Tour waren.
Wieder auf dem Zimmer mussten Thomas und ich feststellen, dass es auch hier wieder nur eine Decke gab. „Ach was, was soll´s, wird schon gehen“. So langsam hatte man sich ja auch an den anderen gewöhnt. 




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geschrieben von Stefan

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